Ein weiteres Juwel von Orciano ist die Kirche Santa Maria Novella, eine Maria Verkündigung. Erbaut im Jahr 1492 von dem Florentiner Architekten Baccio Pontelli. Er restaurierte zu dieser Zeit auch den darüber befindlichen Malatestaturm. 1766 wurde die Kirche SMN durch Papst Clemente XII sogar zur Basilika collegata erklärt. An diesem Ort stand nachweislich schon ab 1156 eine Marienkirche.
Der Kircheneingang ist durch ein wunderbares Relief – Portal mit zwei korinthischen Kapitellen geschmückt, die nach oben einem Tabernakel ähneln, keine kirchlichen Symbole sondern, Delphine, Sonnen, Vögel und andere weltliche Darstellungen lassen die hereinbrechende Renaissance schon am Portal erkennen. Die Planung, oder zumindest deren Anregung, wird der Überlieferung nach dem berühmten und großen italienischen Maler und Baumeister Raffaelo aus Urbino zugeschrieben. Das Portal zur Della Rovere Grabeskirche in Urbino trägt den selben Stil und die gleiche Ausschmückungen.
Gleich am Eingang rechts steht eine typische orcianesische Statue, ein monumentaler „Auferstehungs – Christus“ aus dem XVII. Jahrhundert, der am Osterdienstag in einer großen Prozession mit Blasmusik durch den Ort gefahren wird. So feiern die Orcianesen die Auferstehung auch noch am Osterdienstag.
Weiter befinden sich drei schöne Mariendarstellungen im Inneren: auf der rechten Seite vom Eingang gesehen ein Frescogemälde mit der Madonna del Parto – Maria der Geburt, oder eine stillende Muttergottes 1849, gegenüber ein Leinwandgemälde „Maria Heimsuchung mit der Base Elisabeth“ 1820. Das Altarbild in der Apsis – „Maria Verkündigung“ – ist eine gute Darstellung, leider nur sehr schwer im Gegenlicht zu erkennen.
Im Zentrum der Apsis ist das Wappen der Ubaldine -ein Hirschkopf mit Hörnern- zu sehen. Die Reliquie ist von San Stercore. Zeit sollte man sich nehmen, um die vielfältigen Stuckarbeiten des berühmten Federico Brandani in den Altarräumen, gemischt mit Tierdarstellungen, Engeln, Schildern mit Schwertern, Putten, Flöten, Trommeln, Trompeten, Gesetzesbüchern, türkischen Säbeln, Pfeilen, Grimassen ziehenden Gesichtern und Blumenarrangements zu betrachten. Da merkt man, dass der Erbauer oder Geldgeber Federico Della Rovere ein Mann der Künste, der Kultur und speziell des Theaters war. Das Meisterwerk des Künstlers finden Sie in Senigallia im Haus Bavaria.
Der rechte Seitenaltar ist der Madonna von Loreto gewidmet.
Das Chorgestühl stammt aus dem XV. Jahrhundert, während das hinter dem Hauptaltar neueren Datums ist und später mit der Zunahme an Geistlichen (Basilika) entstand. Im linken Seitenaltar steht ein Christus und eine Abendmahldarstellung.
Eine Rarität ist der aus Pappmachee gestaltete „gekreuzigte Jesus“- Korpus mit großem Strahlenkranz über dem Taufbecken.
Links davon steht die schmerzhafte Mutter Gottes und rechts die Hl. Agnes mit Lamm.
Die interessante Kuppel des Innenraums wird von vier klassischen dorischen Säulen getragen.
Die große Geschichte ging auch an dieser Kirche nicht vorbei. Am Eingang und im Zentrum der Kirche schmücken Malteser- Kreuze den Boden und in der Kirche haben sich die Cavalieri di Malta mit zwei weiteren Symbolen verewigt: Mit einer Lotusblume als Symbol des Lebens, mit einer Rose als Symbol der Vereinigung oder der Einheit in der Vielfalt. Besonders engagierten sich die Malteser – Ritter in Orciano mit der Errichtung eines Hospitals in der Nähe der Kirche zur Versorgung der eigenen Mitglieder, der Pilger und der Bevölkerung.
In der zweite Gasse rechts abwärts nach der Kirche ist der Eingang zum sehenswerten Museum für Ziegesteine und Seile.
Am daneben-liegenden Piazza Pommodoro mit einer schönen Skulptur des großen Meisters, sowie zwei Darstellungen eines Kruges und einer aufgerollten Kordel.
Zwei weitere Kirchen gab es in Orciano, die aber jetzt geschlossen sind oder umgebaut werden: Die Kirche San Silvestro, die erst im Jahr 1991 wegen Baufälligkeit geschlossen wurde. Hier befinden sich Bilder auf Leinwand, „wie die heilige Catarina mystisch Jesus heiratete“ und eines im griechischen Stil „ die heilige Maria von den Gnaden“, sie alle stammen aus der Kirche Santa Catarina.
Die Kirche Santa Catarina ist seit 1927 geschlossen und jetzt zu einem kleinen Theater umgebaut. Aus dieser Kirche stammt auch die Sculptur „Jesu Tod“, die jetzt in der neuen Kirche St. Christofero alle drei Jahre am Karfreitag von der Christopherus-Kirche zur SMN in einer Prozession mit Trauermusik getragen wird.
Wenn Sie dann noch 500 Meter weiter ortsauswärts gehen (von der Kirche Santa Maria Novella aus), kommt eine kleine Kapelle an der Kreuzung. Es ist die Kirche „Chiesette del Pianello“ – erbaut 1536 bis 1605/6 zur Erinnerung an das heilige Jahr 1600, das von Papst Clemente VIII. ausgerufen wurde. Mir persönlich gefällt sie schon von außen, noch besser von innen. Dort hat man begonnen, wie schon in der Franziskus-Kirche in Assisi, die dritte Dimension darzustellen. Der Heiligenschein wurde auf erhöhten Putz gemalt und so versucht, eine Perspektive zu erzeugen.
Ein kleines, helles, stilles Kirchlein mit viel Atmosphäre. Engel spielen auf einer Mandoline und einer Harfe. Es ist schade, dass der Stuck mit dem Namen des Künstlers durch Ausbesserungsarbeiten verloren ging. Das Fest wird am 8. September mit Musik und Wein gefeiert.
Geht man weiter in Richtung Westen, kommt man am Friedhof vorbei. Normal ist ein Friedhof für mich kein Ort zum Spazierengehen, aber dieser, fast wie ein kleiner Park mit seinen Mausoleen, Grünflächen und den bebilderten und beleuchteten Gräbern (an Allerheiligen muss das elektrische Lichtgeld dafür bezahlt werden, hat eine besondere Ausstrahlung.
Das Fest des San Rocco Hl. Rochus.
Jedes Jahr am 16 August wird das Fest des San Rocco gefeiert. Es war schwer, einen Bezug zu diesem Fest zu finden. Wir glauben aber, da der Heilige auch Patron der Hospitäler ist, und in Orciano durch die Malteser Ritter ein Ospitale stand, dass darüber ein Bezug zu finden ist. In Deutschland wie in Italien wird der Heilige Rochus am 16.08. gefeiert. Er wird als Pilger dargestellt, mit einer Pestbeule (Wunde-ferita) am linken Bein, die ihm ein Hund abschleckt um (gesund-sano) zu werden. Er ist Beschützer der Hospitäler und deren Mitarbeiter, Gefangenen, Pflasterer, Schreiner, Raketenbauer und bei Unglücksfällen.
Das Fest wird am 16. August durch die Jugend mit Sackhüpfen und Schubkarrenrennen eingeleitet, am 17. folgt dann das große Fest, das Besucher von nah und fern anzieht, es wird ein Markttag aus dem 18. Jahrhundert nachgestellt, denn Orciano war ein bedeutender Viehmarkt, noch bis in die 50er Jahre. Der Abschluß ist ein großes, sehenswertes Feuerwerk.